Das Buch zur Krise: Der tragikomische Roman eines Lebens ohne Geld. Parsifal hätte nie gedacht, dass seine Zeit irgendwann enden würde. Er starb früh und naiv. Auch Hiob mochte von seinem Glauben nicht abfallen. Ähnlich Joachim Lottmanns Erzähler, ein leidlich erfolgreicher Bohémien aus Berlin, der seinen eigenen Abstieg höchst interessiert und mit sonnigem Gemüt verfolgt — bis ihn nur noch ein Wunder retten kann. Ohne darüber je nachzudenken, war für mich die erste und letzte aller Wahrheiten, dass feine Menschen über Geld weder redeten noch groß nachdachten, behauptet der Held zu Anfang. Nach einer Trennungssache lebt er mit einer zeitgemäß prolligen Bitch-Schlampe zusammen und arbeitet — wie alle in der digitalen Bohème — umsonst für irgendeine Online-Zeitung. Hochstapeln, Zeche prellen, satt essen an kalten Buffets, das sind so seine gängigen und äußerst amüsant erzählten Überlebenstechniken. Totale Verarmung, Ausgeschlossensein, ja selbst soziale Ächtung nimmt er sportlich und mit Galgenhumor. Es muss sich doch um eine Durststrecke handeln, die irgendwann wieder zu Ende geht — denkt selbst der Leser viel zu lange. Doch alle Hoffnungen erweisen sich als Luftbuchungen. Barbarischer Hunger und immer härtere Demütigungen plagen ihn, der lebenslang trainierte Optimismus bleibt ihm allmählich im Halse stecken — wie dem Leser das Lachen. Wie einst Hiob seinen Glauben, verliert der Held seine sonnige Weltsicht aus den Jahren des boomenden Turbokapitalismus. Gerade in dem Moment, da er aufgibt, crasht die Finanzwelt und läuft die Geschichte auf seltsame Weise rückwärts: Wie durch ein Wunder kehrt bei ihm das Geld zurück — und damit die Anerkennung, das Essen, sogar seine Ex-Frau. Während die Weltwirtschaftskrise alle ins Elend reißt, fährt er wie ein Geisterfahrer Richtung Glück — und kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Joachim Lottmanns tragikomisches Stationendrama aus der Neuen Armut zeichnet das Psychogramm der Krise — und ist das Buch zum Rezessionsjahr!
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